Gedenken zum 75. Jahrestag der Deportationen der Mainzer Juden im März und im September 1942

In Mainz fand die erste große Deportation nach vorausgegangener Entrechtung, Ausgrenzung und Beraubung im März 1942 statt. Am 20. März begannen in Mainz und in Rheinhessen die Deportationen. Ein Sonderzug der Reichsbahn fuhr am 25. März mit mehr als 1000 Juden aus Darmstadt ab, davon kamen 470 aus Mainz. Hier waren sie in den Tagen zuvor aus ihren Wohnungen geholt und in der Turnhalle der Feldbergschule gesammelt worden. Sie durften nur einen Koffer oder Rucksack bis zu einem Gewicht von höchstens 50 kg und 50 Reichsmark mitnehmen. Um den Hals mussten sie sich ein Schild mit Namen, Geburtsdatum und ihrer Kenn-Nummer hängen. Von der Turnhalle wurden sie zum Güterbahnhof an der Mombacher Straße gebracht und zunächst nach Darmstadt transportiert.

Ziel des Sonderzugs aus Darmstadt war das Ghetto Piaski bei Lublin im von deutschen Truppen besetzten Polen. In diesem Lager herrschten katastrophale Zustände. Die Menschen hungerten, Cholera- und Typhusepidemien forderten viele Todesopfer. Arbeitsfähige Juden mussten Zwangsarbeit leisten, viele starben an Erschöpfung. Bis Anfang Mai gelangten noch einige Postkarten mit der Bitte um Lebensmittelsendungen nach Mainz, dann wurde der Postverkehr von der Gestapo verboten. Wenige Wochen später wurden die noch Lebenden weiter in die Vernichtungslager Majdanek und Sobibor verschleppt und ermordet.

Ende September 1942 folgten weitere Transporte. Die Nachricht von den bevorstehenden Deportationen hatte sich herumgesprochen; etliche der Betroffenen wählten den Freitod. Am 27. September wurden dann 453 zumeist ältere Menschen in das Lager Theresienstadt im „Protektorat Böhmen-Mähren“ gebracht. Man hatte ihnen einen „Altersruhesitz für Juden“ versprochen. In Wirklichkeit mussten sie in völlig überfüllten Unterkünften unter den schlimmsten hygienischen Verhältnissen leben. Viele Menschen starben an Seuchen oder Unterernährung. Kamen weitere Insassen hinzu, rollten immer wieder Transporte aus Theresienstadt nach Auschwitz in die Gaskammern.

Am 30. September wurden 883 hessische Juden, darunter 178 aus Mainz, vermutlich direkt in das VernichtungslagerTreblinka deportiert. Sie wurden unmittelbar nach ihrer Ankunft ermordet. 1943 und zu Beginn des Jahres 1944 wurden nochmals kleinere Gruppen aus Mainz nach Theresienstadt deportiert.

Um an diese unmenschlichen Verbrechen zu erinnern, die vor nunmehr 75 Jahren hier in unserer Stadt geschahen, rufen die Landeshauptstadt Mainz und der Landtag Rheinland-Pfalz gemeinsam mit der Jüdischen Gemeinde, mit dem Verein für Sozialgeschichte Mainz e. V., der Stiftung „Haus des Erinnerns – für Demokratie und Akzeptanz Mainz“ , der evangelischen und katholischen Kirche Mainz, der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, dem Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz e. V. und dem Verband der Geschichtslehrer Deutschlands, Landesverband Rheinland-Pfalz, die Mainzer Bevölkerung zu einer Gedenkveranstaltung am Abend des 20. März 2017, ab 17.30 Uhr auf. Auf dem Mainzer Markt soll mit einer eine Mahnwache an die Deportation der Juden aus Mainz vor 75 Jahren erinnert werden und der einzelnen Opfer des Holocaust namentlich gedacht werden. Die Einzelheiten des Programms werden derzeit gemeinsam mit zusätzlichen Kooperationspartnern geplant und werden in Kürze über die Presse bekanntgegeben. Die Planungsgruppe hofft auf eine eindrucksvolle Kundgebung gegen das Vergessen unter breiter Beteiligung der Schulen, Kirchen und vieler Mainzer Bürgerinnen und Bürger.

Montag, 20. März 2017, 17:30 Uhr

Mainzer Marktplatz, Heunensäule